Aus der Geschichte des
Bezirksgartenbauverbandes Büdingen e.V.

Bereits im Jahre 1898 wurde von der Kreisverwaltung Büdingen der Obstbautechniker Hermann Metternich zur Pflege des Obstbaus für den gesamten Kreis Büdingen angestellt. Dies geschah unter dem Mitwirken des damaligen Obstbauvereins.

Nach wenigen Jahren, schon 1907, wurden die Landwirtschaftskammern gegründet. Es war eine turbulente Zeit, in der große Staatsgelder entzogen und wieder anderweitig verteilt wurden. Hierbei kam es zu lebhaften Diskussionen mit dem Ergebnis, dass man einen eigenen, unabhängigen obstbaulichen Kreisverein bilden wollte.

Es war der Obstbautechniker Hermann Metternich, der starke öffentliche Auseinandersetzungen zu bestreiten hatte. Bald regte er zur Gründung eines eigenen Vereins an und hatte die volle Unterstützung seiner Behörde, dem Kreisamt Büdingen, sowie des Vorsitzenden des Kreisausschusses und Förderer des Obstbaues, Kreisrat Geh. Reg. Rat Boekmann.

Am 30. Januar 1910 wurde vom Kreisamt Büdingen eine Gründungsversammlung im Gasthaus Walther in Stockheim anberaumt.

Es wurde eine einzigartige, außerordentlich lebhafte Versammlung, die vom Kreisrat Reh. Reg. Rat Boekmann geleitet wurde. In dieser Versammlung wurde der Kreisverband Büdingen stürmisch und einstimmig beschlossen. Ebenso einstimmig fand auch die Wahl des Vorstandes statt, der für die damalige Zeit in weiser Voraussicht mit 18 Mitgliedern auf breitester Grundlage aufgebaut wurde.

Als Gründer wurden gewählt:

  • Wolfgang Fürst zu Ysenburg und Büdingen (als Ehrenvorsitzender)
  • Kreisrat Geh. Reg. Rat Boekmann (als 1. Vorsitzender)
  • Commerzienrat Wilhelm Cloos, Nidda (als Stellvertreter)
  • Kreisbauinspektor Hermann Metternich (als Geschäftsführer)
  • Ökonomierat Andrae, Büdingen (als Beisitze)
  • Landwirt Friedrich Ditzel, Eckartshausen (als Beisitzer)
  • Lehrer Gremm, Bisses (als Beisitzer)
  • Oberamtmann Hahn, Büd.-Thiergarten (als Beisitzer)
  • Lehrer Hofmann, Bisses (als Beisitzer)
  • Rentner Hofmann, Nidda (als Beisitzer)
  • Bürgermeister Kröll, Altenstadt (als Beisitzer)
  • Pfarrer Calm, Ortenberg (als Beisitzer)
  • Landwirt Heinrich Lenz, Effolderbach (als Beisitzer)
  • Kammerdirektor Müller, Büdingen (als Beisitzer)
  • Landwirt Friedrich Schick, Diebach (als Beisitzer)
  • Bürgermeister Ulrich, Hitzkirchen (als Beisitzer)
  • Landwirt Luis Widdersheim, Borsdorf (als Beisitzer)

Später wurden noch hinzugewählt:

  • Gastwirt Jean Hein, Wenings (als Beisitzer)
  • Landwirt Adolf Stoll, Echzell (als Beisitzer)
  • Bürgermeister Erk, Nidda (als Beisitzer)

Schon ab 1900 – 1903, also bereits vor der Vereinsgründung, wurden auf Initiative von Hermann Metternich die ersten großen Obstanlagen im Kreisgebiet angelegt. Es waren die staatliche und fürstliche Großanlage in Konradsdorf, auf der Breitenhaide in Ortenberg und auf der Schönau in Gedern. Auch die Bepflanzung mit Obstbäumen den Kreisstraßen entlang lag Metternich sehr am Herzen. Hierzu wurden speziell Baumwarte ausgebildet, die gebietsdeckend für die Pflege sorgten.

Des Weiteren war Metternich besorgt, genügend Baumwarte im ganzen Großkreis Schotten – Büdingen auszubilden, damit die Pflege aller Obstanlagen und Obstbäume gesichert war, denn obwohl es eine schwierige Zeit war, standen weitere Obstbaupflanzungen in Vereinen und neue Obstanlagen in Steinberg und Haingründau an.

Der Mitgliederzuwachs in den Ortsvereinen war stets steigend. Dies war der alleinige Verdienst von Metternich, der dem Obstbau im Kreis Büdingen eine große Bedeutung gab.

Mit Beginn des ersten Weltkrieges wurden die Vorsitzenden und Vorstände aufgelöst und die Vereinstätigkeiten ruhten. Metternich wurde Beauftragter der Geschäftsstelle und des Gartenbaues, gestützt durch den Kreisbeauftragten der gesamten Landwirtschaft des Kreises Büdingen.

Doch war es Metternich möglich, den Verband zu erhalten, und er konnte schon 1918 ein schuldenfreies Heim in der Bahnhofstraße 30 in Büdingen präsentieren. Aus seinen Berichten war zu vernehmen, dass er täglich bis zu 19 Stunden arbeitete, um dies alles zu erreichen. Später wurde dieses Heim in der Bahnhofstraße 30 während der Feldbereinigung unter größten Anstrengungen um Hof, Gebäude und Gärten vergrößert und verbessert. Metternich war es gelungen, die Grundlage für die weitere Erhaltung  des Bezirksgartenbauverbandes Büdingen zu erreichen. Dank seines unermüdlichen Wirkens hatte der Verband einen hohen Stellenwert im gesamten Kreis Büdingen.

In den zwanziger Jahren war die Zeit sehr schwer, so dass der Verband 1923 gerade noch in der Lage war, die Schornsteinfegerkosten zu bezahlen. Saatgut, Spritzmittel und Obstbäume waren schwierig zu beschaffen. Auch nun waren es Metternichs Beziehungen, die dem Obstbau wieder Schwung gaben, und die Arbeitseinsätze der Pflegekolonnen wurden wieder im gesamten Kreisgebiet aufgenommen.

Leider begann schon 1933 wieder eine schwere Zeit, und es folgten schlimme Kriegsjahre. Vereine, Vereinigungen und Fachverbände wurden aufgelöst. Der Bezirksgartenbauverband Büdingen blieb jedoch auch in dieser Zeit bestehen.

Am 31. März 1939 ging der Gartenbauoberinspektor Hermann Metternich nach reichem Wirken in den Ruhestand. Er hinterließ einen musterhaften Obstbaubezirk mit einem blühenden Obstbau. Die zahlreichen Obstvereine mit etwa 1800 Mitgliedern, die für den Reichsnährstand mitsorgen mussten und ihre vorgeschriebenen Abgaben zu leisten hatten, konnte Metternich an seinen Nachfolger, Gartenbauoberinspektor Enkler, übergeben. Ein langes Wirken war Enkler leider nicht möglich; er verstarb schon 1943 an einem Herzleiden. Kurz und schwer war die Zeit und Arbeit des Verbandes, da auch in dem Gebäude die Bezirksabgabestelle für Obst- und Gartenbauerzeugnisse untergebracht war. Wieder war es Hermann Metternich, der trotz Pensionierung die Geschäfte des Verbandes noch einmal bis 1946 führte.

1946 übernahm Gartenbauinspektor Weiß die Geschäfte des Verbandes. Schon bald rief Weiß alle Gemeinden im Kreis dazu auf, die Baumwarte weiterbilden zu lassen. Obwohl Obstbäume noch Mangelware waren und auch wenig Geld zur Verfügung stand, machte er Mut, denn dem Verband gehörten damals über 3000 Mitglieder in 102 Gemeinde des Kreises Büdingen an.

Nach der Währungsreform 1949 konnte nach 12 Jahren wieder eine Hauptversammlung im Fürstenhof in Büdingen abgehalten werden. Es gab viel aufzuarbeiten.

Nach der ersten Vorstandssitzung nach dem Krieg setzte sich der Vorstand wie folgt zusammen:

  • Landrat Kurt Moosdorf (1. Vorsitzender)
  • Landwirtschaftsdirektor Wilhelm Grimm (2. Vorsitzender)
  • Landwirt August Waltz (Beisitzer)
  • Landwirt Christian Albrecht (Beisitzer)
  • Diplom-Gärtner Manfred Weiß (Geschäftsführer)

Gäste waren:

  • Kreislandwirt Stamm, Altwiedermus
  • Georg Christ, Stockheim

In der folgenden Zeit bemühte sich Herr Weiß, durch Schnittlehrgänge, Beratungen und Vorträge den Verband wieder zu festigen. Ebenfalls im Jahr 1949 wurde in Verbindung mit den Baumwarten die Pflanzenschutzvereinigung gegründet. Weiß war großer Befürworter, hielt viele Schulungen und stand der Vereinigung zur Seite.

Die verantwortlichen Herren waren:
Landrat Kurt Moosdorf, Landwirtschaftsrat Grimm, Landwirtschaftsrat Küthe vom Pflanzenschutzamt Gießen, Gartenbauinspektor Weiß und Pflanzenschutzberater Hans Hellmann.

Es wurden viele Anstrengungen unternommen, um den Obstbau wieder zu beleben, doch leider blieb der Erfolg aus. Es begann eine andere Zeit, andere Ideale wurden gesucht. Die Motorisierung der Landwirtschaft und Abwanderungen in andere Arbeitsbranchen vernachlässigten den Obstbau, der an Rentabilität verlor.

1960 feierte der Bezirksgartenbauverband Büdingen unter großer Teilnahme der Bevölkerung in der Stadtschule sein 50-jähriges Bestehen. Leider ließ in der folgenden Zeit das Interesse am Obstbau nach. Landwirtschaftskammer und Landwirtschaftsschule wurden geschlossen. Obst und Gemüse gab es aus allen Ländern zu jedem erschwinglichen Preis. Das selbst erzeugte Obst hatte nur noch wenig Bedeutung. Die EWG tat ihr Nötiges dazu.

Was den Obstbau betrifft, so hatte Weiß eine schwere Zeit als Geschäftsführer des Verbandes. Es war jedoch ein stattliches Vermögen vorhanden, so dass er finanziell gut versorgt war. Als Herr Weiß 1970 nach Wiesbaden versetzt wurde und in Büdingen sein Büro räumte, ließ er alle Unterlagen und Dokumente seines Wirkens als Geschäftsführer des Verbandes und auch Aufzeichnungen von Vereinen vernichten. Es war damals wie auch heute nicht zu verstehen. Auf  Fragen, warum dieses geschehen musste, antwortete er kurz, dass dieses niemand mehr interessiere. Nach dem Weggang von Weiß verblieben dem Verband nur noch ein geringes Vermögen und wenige Mitglieder.

Bestehende Obst- und Gartenbauvereine gab es nur noch in Burkhards, Gedern und Ober-Seemen sowie wenige Einzelmitglieder in Büdingen und in den angrenzenden Dörfern.

Der Vorsitzende Heinrich Ludwig Emmrich war intensiv bemüht, mit dem neugewählten Geschäftsführer Heinrich Altenburg einen Neuanfang zu starten. Mit Obstbaumschnitt-lehrgängen, Veredelungsunterweisungen, Vorträgen, Lehrfahrten und Ausflugsfahrten mit dem Sonderzug (angegliedert an andere Kreisverbände) versuchten beide, das Vereinsleben wieder zu aktivieren. Es war eine unruhige und nicht zufriedenstellende Zeit im Vereinsleben.

Im Jahr 1976 bestand der Vorstand nur noch aus drei Personen. In der Jahreshauptversammlung 1976 wurde der Vorstand neu gewählt und erweitert.

Er setzte sich wie folgt zusammen:

  • Heinrich Ludwig Emmrich, Eckartshausen (1. Vorsitzender)
  • Wilhelm Ditzel, Hofgut Herrnhaag (2. Vorsitzender)
  • Rudolf Hohenstein, Himbach (Beisitzer)
  • Hermann Strauch, Ober-Seemen (Beisitzer)
  • Otto Heckert, Gedern (Beisitzer)

Frau Emmy Stumpf, Büdingen, wurde zur Geschäftsführung berufen.
Der erweiterte Vorstand setzte sich wie folgt zusammen:

  • Hermann Deckenbach, Gedern (1. Vorsitzender OGV Gedern)
  • Wilfried Appel, Burkhards (1. Vorsitzender OGV Burkhards)
  • Alois Grohmann, Ober-Seemen (1. Vorsitzender OGV Ober-Seemen)

Leider konnte in den folgenden Jahren kein Mitgliederzuwachs verzeichnet werden. Der Obstbau hatte nur wenig Bedeutung. Vom ALL (Amt für Landwirtschaft und Landentwicklung) wurden sogar noch Prämien für Obstbaumrodung bezahlt. Dies war sehr schwer zu verstehen.

Leider verstarb Heinrich Ludwig Emmrich im Jahr 1978. Die Jahreshauptversammlung 1979 wurde vom 2. Vorsitzenden Wilhelm Ditzel geleitet. Es war niemand bereit, das Amt des 1. Vorsitzenden zu übernehmen. Nach einigen Gesprächen wurde am 10. April 1979 Erich Reichert aus Diebach zum Vorsitzenden gewählt. Noch im selben Jahr trat Frau Emmy Stumpf als Geschäftsführerin zurück. Vorübergehend wurde Frau Hertha Reichert mit der Geschäftsführung beauftragt. Daraus wurden 16 Jahre Rechnerin, und 28 Jahre führte sie die Geschäfte des Verbandes.

Erfreulich war 1980 die Meldung, dass das Roden von Hochstämmen eingestellt und die ersten Gelder für Neuanpflanzungen gezahlt wurden. Im Versuchsgut für Obst- und Weinbau in Groß-Umstadt wurden viele Mitglieder ausgebildet und der Weg zur „Schlanken Spindel“ wurde begeisternd aufgenommen. Hier gebührt ein besonderer Dank dem Leiter des Versuchsgutes, Herrn Günter Steinbauer.

Im Jahr 1983 gelang es Reichert, über die VHS (Volkshochschule) Büdingen in verschiedenen Orten des Kreises Büdingen Vorträge über Pflege der Obstbäume zu halten. Der Zuspruch war groß, und es gelang Reichert, in den folgenden Jahren 13 Obst- und Gartenbauvereine wieder neu zu gründen. Von dieser Zeit an stand dem Bezirksverband Büdingen der Obstbauberater Hans-Joachim Oczko vom ALL Friedberg zur Seite. Gemeinsam mit dem 1. Vorsitzenden wurden über viele Jahre den interessierten Mitgliedern Pflanzbehandlung, Schnittmaßnahmen, Erziehungsmaßnahmen und mehr vermittelt.

Reichert legte großen Wert darauf, dass in jedem Obst- und Gartenbauverein Mitglieder zu Fachwarten ausgebildet wurden. Jährlich wurden 4 Fachvorträge von Fachberatern des ALL in verschiedenen Ortsvereinen angeboten. Mehrtägige Lehrfahrten mit den Fachwarten zu Versuchsgütern oder Baumschulen wurden gerne zur Weiterbildung angenommen. Turnusmäßig finden alle zwei Jahre große Bezirksausstellungen mit allen Ortsvereinen statt und tragen zum guten Miteinander bei.

Es ist gut, dass der Bezirksgartenbauverband Büdingen eine solide Basis hat und so sicher auch in Zukunft gut bestehen kann.

Stellvertretend für alle, die de Verein in seinen 100 Jahren gedient haben, die bereit waren Verantwortung und Arbeit zu übernehmen, sind hier die 1. Vorsitzenden und die Geschäftsführer genannt.

Vorsitzende:

  • 1910-1922 Herr Kreisdirektor Boekmann
  • 1922-1925 Herr Kreisdirektor Werner
  • 1925-1937 Herr Landrat Dr. Gaßner
  • 1937-1940 Herr Landrat Dr. Becker
  • 1940-1945 Herr Landrat Dr. Braun
  • 1946-1956 Herr Landrat Moosdorf
  • 1956-1963 Herr Direktor Grimm
  • 1964-1978 Heinrich-Ludwig Emmrich
  • 1979-heute Erich Reichert


Geschäftsführer:

  • 1940-1939 Herr Gartenbauoberinspektor Metternich
  • 1939-1943 Herr Gartenbauinspektor Enkler
  • 1943-1946 Herr Gartenbauoberinspektor Metternich
  • 1946-1970 Herr Gartenbauinspektor Weiß
  • 1971-1975 Herr Altenburg
  • 1975-1979 Frau Stumpf
  • 1979-2007 Frau Reichert


Der Vorstand im Jubiläumsjahr 2010

  • 1. Vorsitzender: Erich Reichert
  • 2. Vorsitzender    Willi Schierhorn
  • Rechnerin: Renate Böckel
  • Schriftführer: Volker Ullrich
  • Beisitzer: Gerhard Hein